Unter Nordlichtern: Eine Überlebensgeschichte in Finnland
Lesen Sie diese Chronik des Überlebens, wo die scharfe Grenze zwischen Leben und Tod so dünn ist wie das Eis unter frisch gefallenem Schnee. Wo jede Entscheidung zählt, jede Ressource ein Schatz ist, und wo der schier unbeugsame Wille zu überleben die dunkelste Nacht erleuchten kann.
ERKENNTNIS
Es mag auf den ersten Blick trivial erscheinen, doch die grundlegendste Voraussetzung für das Überleben ist die Einsicht und das Eingeständnis, dass ein Problem besteht und dass es ernster Natur ist. Die Verleugnung des Umstands oder die Weigerung, die Tragweite der Situation anzuerkennen, kann katastrophale Auswirkungen nach sich ziehen. Ohne das Wesen und die Schwere der Lage zu akzeptieren, wird man sich nicht auf die erforderlichen Schritte zur Bewältigung einlassen.
An jenem Tag, als der Wind mit rund 60-70 km/h wehte und leichte Schneeverwehungen sich schräg über die Fahrbahn legten, bildete sich plötzlich eine dunklere Verwehung quer über den Weg, hart wie ein Felsen. Im Moment des Aufpralls mit dieser Verwehung verlor mein Fahrzeug fast ebenso rasant an Kontrolle wie ich zuvor vorangekommen war. Schlagartig war ich auf dieser einsamen Straße in meine eigene Wildnis-Odyssee verwickelt.
Jeder Versuch, nach dem Verlassen der Fahrbahn das Steuer wieder zu erlangen, schien zwecklos. Also entspannte ich mich und überließ mich der ungewissen Reise. Nichts blieb mir übrig, als vom Gas zu gehen und das Ende der Fahrt abzuwarten. Glücklicherweise führte der Straßenrand flach ab, sodass ich in einer tiefen Schneewehe zum Halten kam.
Als der Schneewirbel nachließ, war mein Auto bis über den Kühlergrill, bis zur Tür auf der Fahrerseite und bis zur Mitte der Beifahrertür in Schnee begraben. Der Schnee hatte sich auch um das Heck gewunden und blockierte die Heckklappe. Und ein Ford Tourneo Custom ist nicht besonders klein. Dies verdeutlicht die Höhe des umliegenden Schnees.
Die Erkenntnis? Sie überkam mich rasch. Ich war auf einem der entlegensten Abschnitte einer Straße in Süd Finnland gefangen, etwa 40 km von der Grenze zu Schweden entfernt. In den letzten Stunden hatte ich kein anderes Fahrzeug oder irgendeine Behausung erblickt, und mit der bevorstehenden Schließung der Grenzewegen dem Schneesturm gab es keinen Grund für irgendjemanden, diesen Weg in den nächsten Tagen zu befahren. Diese Straße war mir wohlbekannt, und mir war klar, dass die nächstmögliche Hilfe an der Grenzstation zu erwarten war. Ebenso war mir bewusst, dass der Schneeräumungsdienst vermutlich der Nächste auf der Straße sein würde – allerdings nicht in den nächsten 48 Stunden. Im Sommer hätte ich diese Strecke vielleicht noch zu Fuß zurücklegen können, aber bei minus 33 Grad, in der Dunkelheit und mit diesem Schneesturm war dies eine ganz andere Herausforderung. Berechnet man die gefühlte Temperatur unter diesen Bedingungen, ergibt sich ein lebensgefährlicher Wert.
INVENTAR
Die Einsicht in die heikle Lage ist erfolgt, nun gilt es, Bilanz zu ziehen. In vielen Überlebensszenarien steht man einzig mit dem da, was man bei sich trägt. Mein Inventar in Finnland umfasst mehrere Messer, Taschenlampen und einige Stirnlampen, ein Multitool, einige Werkzeuge, mehrere Jacken, Handschuhe, Mützen und noch einiges mehr. 2 dicke Winterschlafsäcke sind sowieso als Backup immer dabei. Da ich augenscheinlich faul bin, liegt gefühlt in jedem Fach irgendetwas herum, was ich außerhalb der Kurssaison einfach nicht aus dem Auto räume.
Der Vorteil eines Ford Tourneo Custom ist, dass meine Vorräte an Nahrung und Notfallausrüstung alle leicht erreichbar sind. Leider hatte ich im Winter fast kein Wasser an Bord, da dieses schnell einfriert. Mein Wassertank ist in der kalten Jahreszeit immer geleert. In dieser Situation, war es unmöglich, das Auto anders zu verlassen, als durch das Fenster auf der Fahrerseite zu kriechen. Aber eigentlich hätte das Verlassen des Wagens bei dieser Witterung einen lebensgefährlichen Fehler dargestellt. Selbst eine kurze Umrundung des Autos hätte mich derart ausgekühlt, dass es gefährlich geworden wäre. Meine beste Option war also, im Auto zu bleiben. Schon das Bewahren der Wärme war Herausforderung genug, ganz zu schweigen von dem Versuch, sich wieder aufzuwärmen, nachdem man einmal ausgekühlt war. Ich habe ja eigentlich eine schöne 3.5kw Standheizung im Auto. Aber da der Schnee den Ansaugbereich völlig verstopft hatt, startete diese natürlich nicht.
UNTERKUNFT
Mein primärer Schutz war meine Kleidung. Mein offensichtlicher sekundärer Unterschlupf war das Fahrzeug selbst. Eine Schneehöhle hätte ebenfalls eine adäquate Option dargestellt, falls ich aus irgendeinem Grund den Wagen hätte verlassen müssen. Abhängig von der Lage und der Jahreszeit existieren zahlreiche praktikable Möglichkeiten für einen Unterstand.
Bevor ich auf die Schneewehe traf, leuchtete die Warnleuchte des Tanks. Mein Vorhaben war eigentlich gewesen, etwa 5 km nach der Grenze zu tanken. Als die Warnleuchte aufleuchtete, war mir klar, dass ich noch gute 45 km vor mir hatte. In Anbetracht des wenigen Diesels entschied ich mich nun, das Auto jede Stunde für zehn bis fünfzehn Minuten laufen zu lassen. Das war ohnehin das Einzige, was ich unter diesen Umständen tun konnte. Mit dem Schnee, der sich um das Auto türmte, hätte doch recht viel Abgas in den Innenraum strömen können, würde ich den Motor länger laufen lassen. Ich wollte weder Unterkühlung riskieren noch Erfrierungen erleiden – das war mein Ziel. Tatsächlich funktionierte dies alles gut genug, um etwas Schlaf zu finden. Es wurde nie so kalt, dass ich anfing zu zittern, also funktionierte es gut genug.
SIGNALGEBUNG
Mein Signalspiegel und mein orangefarbener Rauch waren für nächtliche Signale nicht geeignet, daher kamen sie nicht zum Einsatz. Denkt daran, dass drei von allem ein Notsignal sind, und dass in der Wildnis gerade Linien nicht natürlich wirken. Drei Feuer könnten ein großartiges Nachtsignal erzeugen, und drei rauchige Brände wären ein gutes Tagsignal. Diese Brände sollten weit genug voneinander entfernt sein, um eindeutig als drei Brände erkennbar zu sein, aber nahe genug, um eine Verbindung herzustellen. Drei im Schnee gezogene Linien oder gerade Äste, die auf den Schnee gelegt wurden, funktionieren gut. Je größer, heller und besser sichtbar, desto besser.
Der Nachteil bei modernen Autos ist das Batteriemanagement. Stundenlanges leuchten der Lampen ist da ohne eingeschaltete Zündung nicht mehr möglich. Aber eigentlich war es in dieser Situation auch nicht so wichtig, Signale zu senden, da sowieso kein Mensch bei diesem Schneesturm und geschlossener Grenze hier vorbei kommen würde. Zur Sicherheit ließ ich trotzdem meine, in Socken eingewickelte Taschenlampe, im Stroboskopmodus von innen heraus durch die Frontscheibe blitzen. Dies Isolierung durch die Socken sollte die Akkus einigermaßen vor Kälteschwäche in der Nähe der Schreiben schützen.
WASSER
Wie die meisten von euch wissen, kann man etwa drei Tage ohne Wasser auskommen. Wenn es sehr heiß ist, noch weniger. Wenn ihr kein Wasser habt, esst nicht, denn um Nahrung zu verdauen, benötigt ihr Wasser. Essen ohne die Möglichkeit, Flüssigkeiten aufzunehmen, ist also ein schlechter Plan.
Ich habe einen Wasserfilter in meinem Autot. Im Winter wäre das nicht sonderlich hilfreich gewesen, aber während des restlichen Jahres könnte es lebensrettend sein und es nimmt wenig Platz ein. Als ich von der Straße abkam, hatte ich eine große Thermoskanne mit Kaffee, zwei 1.5 Liter Wasserflaschen und zwei Energy-Drinks dabei. Und Schnee bei diesem Wetter zu schmelzen, wäre nur im Auto mit einem Gaskocher möglich.
NAHRUNG
Ihr könnt mehrere Wochen ohne Nahrung überleben, aber wer möchte das schon? Ihr benötigt Nahrung, um gesund zu bleiben und eure Energie aufrechtzuerhalten, insbesondere im Winter, wenn ihr Kalorien verbrennt, nur um euch warm zu halten. Ohne Nahrung könnt ihr nicht überleben, aber sie steht aus gutem Grund weiter unten auf der Liste. Alle vorherigen Punkte sind wichtiger.
Im Winter in Finnland sind die Essensmöglichkeiten größtenteils auf das beschränkt, was sich in meinem Auto befand. Das meiste davon war jedoch nicht darauf ausgelegt, ohne Zubereitung verzehrt zu werden. Ich hatte einige Dosen mit haltbaren Lebensmitteln wie Nudeln mit Gulasch, Thunfisch und Suppe dabei, die sich theoretisch kalt essen ließen. Aber in dieser eisigen Kälte konnte ich wirklich nichts Kaltes essen, ohne meine Körpertemperatur weiter zu senken.
Was ich jedoch hatte, war ein Gaskocher, den ich normalerweise immer im Auto dabei habe. Er war dazu gedacht, Mahlzeiten zuzubereiten, wenn ich mit Kunden unterwegs bin, aber ich hatte auch eine kleine Metalltasse dabei, die ich für die Zubereitung von Heißgetränken verwenden konnte. Also entschied ich mich, meinen Kocher zu benutzen, um eine Dose Nudeln zuzubereiten. Das erwärmte nicht nur meinen Körper, sondern hob auch meine Moral. Eine warme Mahlzeit in dieser eisigen Nacht war ein kleiner Trost.
KOMMUNIKATION
In meiner Situation war Kommunikation unmöglich. Mein Handy hatte keinen Empfang in dieser abgelegenen Gegend, und ich hatte keine Satellitenkommunikation dabei. Ich war wirklich auf mich allein gestellt. Aber es gibt Situationen, in denen man vielleicht noch eine Chance hat, sich mit der Außenwelt in Verbindung zu setzen.
Eine Möglichkeit, auf sich aufmerksam zu machen, ist der Versuch des Absetzen eines Notrufs. Wenn man ein funktionierendes Handy hat, kann man versuchen dennoch die Notnummer 112 wählen, auch wenn man keinen sichtbaren Empfang hat. Aber in meiner Situation war das keine Option, da absolut keine Signale, auch von anderen Netzen durchgekommen sind. In abgelegenen Gebieten ist ein Satellitentelefon eine gute Wahl, da es eine bessere Abdeckung bietet als herkömmliche Mobiltelefone.
Rettungsgeräte wie Signalpfeifen oder Signalpistolen können ebenfalls hilfreich sein, um Aufmerksamkeit zu erregen. Wenn man sich in der Nähe von Wasser befindet, könnte man versuchen, SOS-Signale in den Schnee zu schreiben oder Steine in einer bestimmten Formation zu platzieren, um eine Botschaft zu senden. Die Art und Weise der Kommunikation hängt von den verfügbaren Ressourcen und der spezifischen Situation ab.
Der nächste Morgen brach an, und ich war immer noch in meiner eisigen Lage gefangen. Die Temperatur hatte sich nicht merklich verbessert, und der Schnee war nach wie vor hoch um mein Auto gestapelt. Die Stunden verstrichen, und ich wusste, dass ich keine Zeit verschwenden durfte, wenn ich überleben wollte, sollte die Situation noch mehrere Tage anhalten.
RÜCKKEHR
In dieser Situation war der letzte Schritt zur Rettung die Rückkehr. Ich musste auf die Straße zurückkehren, sicherstellen, dass mein Auto nicht mehr stecken blieb, und auf Hilfe warten. Das Problem war, dass die Straße noch immer von Schnee und Eis bedeckt war, und es war unwahrscheinlich, dass in absehbarer Zeit ein Schneepflug vorbeikommen würde.
Aber ich hatte keine andere Wahl. Ich begann damit, den Schnee um mein Auto herum zu räumen, um sicherzustellen, dass ich genug Platz hatte, um zu manövrieren. Dann versuchte ich vorsichtig, das Auto aus dem Schneegraben zu bekommen. Es war schwierig, und ich kämpfte mit dem rutschigen Untergrund, aber nach einiger Zeit gelang es mir, das Auto zu befreien.
Ich fuhr langsam zurück auf die Straße und setzte mich in mein Auto, um auf Hilfe zu warten. Es dauerte Stunden, aber schließlich hörte ich das Geräusch eines herannahenden Fahrzeugs. Ein Schneepflug näherte sich, und ich konnte mein Glück kaum fassen. Der Fahrer des Schneepflugs half mir, mein Auto aus der misslichen Lage zu befreien, und ich konnte meine Reise fortsetzen.
Durch die Erkenntnis meiner Lage, die Inventur meiner Ressourcen, die Nutzung meines Fahrzeugs als Unterkunft und Signalsystem, das rationelle Management von Wasser und Nahrung sowie die Rückkehr auf die Straße hatte ich die Herausforderung überstanden.
Diese Erfahrung hat mich gelehrt, wie wichtig es ist, auf Extremsituationen vorbereitet zu sein und die richtigen Überlebensfähigkeiten zu beherrschen. In der Wildnis kann jede Situation lebensbedrohlich sein, aber mit dem richtigen Wissen und den richtigen Fähigkeiten kann man die Chancen auf Überleben erhöhen. Egal wo man auf der Welt unterwegs ist, oder welche Intension man hat, ein Survival Training bei Team-Survival kann Leben retten!